Besiedlungsgeschichte und Landschaftsentwicklung in der Ebene von Phlious (Korinthia, Südgriechenland)

 

Projektleitung: Prof. Dr. Joseph Maran
Prof. Dr. Günther A. Wagner
Projektmitarbeiter:   Doris Ittameier, M. A.
Dr. Frank Falkenstein
Dr. Ing. Peter Marzolff
Projektträger: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie
Fachgebiete: Ur- und Frühgeschichte
Kooperation: Arbeitsstelle Archäometrie der Heidelberger Akademie der Wissenschaften am Max-Planck-Institut für Kernphysik Heidelberg
Stichworte: Griechenland, Peloponnes, Siedlungsarchäologie, Oberflächenprospektion, geomorphologischer Wandel

 

Kurzbeschreibung:


In diesem interdisziplinären Projekt soll am Beispiel einer Beckenlandschaft der Peloponnes die diachrone Entwicklung der menschlichen Besiedlung zwischen dem Ende der letzten Eiszeit und der heutigen Zeit nachvollzogen und die Auswirkungen menschlichen Handelns auf die Landschaft untersucht werden. Die Ebene von Phlious ist die größte und auch fruchtbarste Ebene des Korinthischen Binnenlandes. Sie vermittelt verkehrsgeographisch in N-S-Richtung zwischen der Sikyonia und der Ebene von Argos einerseits sowie in W-O-Richtung zwischen dem nordarkadischen Hochland und den Talzügen von Nemea und Kleonai andererseits. Abgesehen von der in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg von Amerikanern untersuchten Stadt Phlious, die am Ostrand der Ebene liegt, war bis vor kurzem so gut wie nichts über die Frühzeit dieser Ebene bekannt. Erst in den letzten Jahrzehnten wurde durch die Ausgrabungen des griechischen Antikendienstes an der goldreichen mykenischen Kammergräbernekropole von Aidonia und an der frühhelladischen Großsiedlung von Petri die potentielle Bedeutung der Region schon in der Urgeschichte erkannt. Das Projekt hat 1998 begonnen und wird bis zum Jahr 2000 im Programm "Neue Technologien in den Geisteswissenschaften" des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie gefördert.

Zielsetzung und vorgesehene Arbeiten:
Da die Nordostpeloponnes eine seit dem frühesten Neolithikum besiedelte Altsiedellandschaft ist, stellt sich die Frage, welche Auswirkung menschliches Handeln auf die Umwelt hatte. Heute präsentieren sich die ebenen und schwach hügeligen Landstriche dieses Teils Griechenlands als intensiv landwirtschaftlich genutzt und ohne natürliche Vegetation, wogegen die Hänge der Rahmengebirge entwaldet und ohne Erdbedeckung sind.
       
 

Blick auf die Ebene von Phlious (von Westen)
Blick auf die Ebene von Phlious (von Westen)

Das heutige Landschaftsbild indes ist in erster Linie ein Artefakt der menschlichen Nutzung des Raumes, die aus einer Naturlandschaft eine Kulturlandschaft hat werden lassen. Noch weitgehend ungeklärt ist, in welchen Etappen sich die Umgestaltung der Landschaft vollzog und wie sich unterschiedliche Formen der Raumnutzung auf das Erscheinungsbild der Landschaft auswirkten.
Der Beitrag der Archäologie zu dem interdisziplinären Projekt soll darin bestehen, die Anhaltspunkte für die Besiedlungsgeschichte zusammenzutragen und, unter Einbeziehung benachbarter geisteswissenschaftlicher Disziplinen (z.B. Alte Geschichte, Historische Geographie), auszuwerten. Hierdurch wird die Plattform zum gezielten Einsatz der naturwissenschaftlichen Methoden (Geoarchäologie, Altersbestimmung, Biomaterialien) geschaffen. Im Rahmen des Projektes sind drei Kampagnen archäologischer Oberflächenprospektion mittels "intensiver" Survey-Methoden vorgesehen, wobei die erste Kampagne im Spätsommer 1998 stattfinden wird. Durch die archäologischen Untersuchungen sollen Anhaltspunkte auf das Siedlungsmuster und die Siedlungsdichte sowie eventuell auf das Wegenetz in den einzelnen Zeitabschnitten der Vergangenheit gewonnen werden. Dies wiederum würde es ermöglichen, Prozesse der Aufsiedlung und Entsiedlung der Landschaft zu erkennen und Hypothesen hinsichtlich der Nutzungsintensität der Landschaft durch den Menschen zu entwickeln. Im besonderen werden folgende Fragen zu klären sein:

  1. In welchen Zeitabschnitten ergeben sich Hinweise für hierarchische Besiedlungsstrukturen und wie viele Stufen umfaßte ggf. eine solche Hierarchie?
  2. Wie wirkten sich die in anderen Regionen belegten kulturellen Umbruchszeiten z.B. am Übergang der Stufen Frühhelladisch II und III (ca. 2200 v. Chr.), am Ende der mykenischen Palastzeit (um 1200 v. Chr.) bzw. am Beginn des Mittelalters (ab dem 5 Jh. n. Chr.) auf die Besiedlung aus?
  3. Welche naturräumlichen Faktoren spielten bei der Auswahl von Plätzen als Siedlungsstandort durch die Zeiten hindurch eine Rolle?
  4. Welche Zeitabschnitte sind mit einem Siedlungsausbau und welche mit einem Schrumpfen des besiedelten Raumes oder sogar einer Aufgabe der ganzen Mikroregion verbunden? Gibt es diesbezüglich Verbindungen zu historisch belegten Ereignissen?
  5. Welche Größe hatten die Siedlungen und wie groß war der Abstand zwischen ihnen?

Durch die parallel stattfindenden naturwissenschaftlichen Untersuchungen soll der geomorphologische Wandel in der Ebene erforscht und Zeitabschnitte verstärkter Erosionstätigkeit bestimmt werden. Dabei wird zu klären sein, ob eine Verbindung zwischen der Siedlungsintensität während einer bestimmten Epoche und Prozessen der Bodenerosion besteht.

Literatur: N. Pharaklas, Phleiasia. Archaies Ellenikes Poleis 11 (1972)

© Joseph Maran; Kontakt / EMail

Seitenbearbeiter: E-Mail
Letzte Änderung: 20.02.2013
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